Bei einem Vergleich der Kosten für eine besondere Wohnform (hier: in einer vollstationären Einrichtung) mit den Kosten außerhalb einer besonderen Wohnform (hier: in eines selbst bewohnten Wohnung) handelt es sich nicht um eine „vergleichbare Leistung“ im Sinne des § 104 Abs. 2 Satz 2 SGB IX. Vielmehr darf sich der Kostenvergleich, soweit das Wohnen in einer besonderen Wohnform für den Betroffenen gleichwertig (insbesondere gleich geeignet) zum Wohnen außerhalb einer besonderen Wohnform ist, nur darauf beziehen, welche Kosten für die Gewährung eines Persönlichen Budgets in der eigenen Wohnung anfielen (bei der sich der Betroffene oder ggf. der beauftragte Dienstleister selbst um die ambulante Teilhabe- und Pflegebedarfsdeckung kümmern) und welche Kosten in der eigenen Wohnung voraussichtlich anfallen bei einer Deckung des Teilhabe- und Pflegebedarfs durch die Inanspruchnahme von Sachleistungen (u.a. Pflegedienst).
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 8. November 2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des 2004 geborenen Antragstellers, bei dem ein Grad der Behinderung von 100 und die Merkzeichen B, G, H, und RF (Bl. 702 eVA) sowie ein Pflegegrad 5 festgestellt ist, gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Konstanz vom 13.11.2023 hat keinen Erfolg.
I.
Mit diesem Beschluss hat das SG den Antrag des Antragstellers abgelehnt, den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ein Persönliches Budget i. H. v. ca. 31.000 € monatlich für 24-Stunden-Assistenz im häuslichen Umfeld im Bereich der Teilhabe und der Pflege aus einer Hand durch die B1 GmbH, deren Alleingesellschafterin und -geschäftsführerin die Mutter und gesetzliche Betreuerin des Antragstellers ist, gem. § 105 Abs. 4 i. V. m. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB IX i.V.m. § 113 SGB IX, §§ 77 ff. SGB IX sowie § 103 SGB IX zu gewähren.
Die (geschiedenen) Eltern und zugleich gesetzlichen Betreuer des Antragstellers wünschen für den Antragsteller 24-Stunden-Assistenz sowohl für den Teilhabebedarf als auch für den pflegerischen Bedarf durch ein- und dasselbe Fachpersonal, das bei der im Dezember 2022 gegründeten B1 GmbH beschäftigt ist bzw. nach eigenen Angaben der Mutter des Antragstellers kurzfristig beschäftigt werden kann und nicht (auch) die Assistenz durch einen Pflegedienst bzw. letzteres - zumindest und erst im Beschwerdeverfahren - nur hilfsweise im Rahmen des Arbeitgebermodells bezüglich des Pflegebedarfs.
Der Antragsteller, bei dem u.a. frühkindlicher Autismus, tuberkulöse Hirnsklerose (angeborene Fehlbildung des Gehirns), Epilepsie, eine erhebliche globale Sprachentwicklungsstörung, eine fein- und grobmotorische Koordinationsschwäche sowie ein Knick-Senkfuß links und ein Klumpfuß rechts besteht, wird entsprechend dem ursprünglichen Wunsch und Antrag der Eltern des Antragstellers (Bl. 1802 eVA) aus dem Jahr 2021 seit 11.10.2021 vollstationär im Internat des Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums (SBBZ) der C1 Schulgemeinschaften e. V. am Standort F1 in H1, dort im C2, betreut. Bei Einzug lebten neben dem Antragsteller fünf weitere Bewohner dort, im Jahr 2023 neben ihm neun bis zehn weitere Kinder und Jugendliche im Alter von 11 bis 25 Jahren, ebenfalls mit behinderungsbedingten Förder- und Betreuungsbedarf. Der Antragsteller besucht dort seit dem Schuljahr 2021/22 die Heimsonderschule mit den Förderschwerpunkten geistige Entwicklung und körperliche/motorische Entwicklung. Die Klasse besteht aus sechs Schülern. Der Antragsgegner übernimmt hierfür die Kosten im Rahmen der Eingliederungshilfe als Leistungen zur Teilhabe an Schulbildung (§ 112 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IX) über Tag und Nacht. Die Kostenübernahme umfasst die Betreuung im SBBZ über Tag und Nacht einschließlich des Bedarfes für den notwendigen Lebensunterhalt sowie den Mehrbedarf für die schulische Bildung, den Barbetrag, Bekleidungspauschale sowie die Assistenz für Pflege (Bescheid vom 20.10.2021, Bl. 1308 f. eVA). Zuvor wohnte der Antragsteller bei seiner Mutter in M1. Aufgrund seines sehr hohen Unterstützungsbedarfs gerieten die Eltern mit seiner Förderung, Betreuung und Pflege an ihre Belastungsgrenzen. Beide Eltern sind nach eigenem Vortrag voll berufstätig. Seitdem der Antragsteller im Internat lebt, verbringt er alle zwei Wochenenden und teilweise die Schulferien bei seinen Eltern. Eine dauerhafte Rückkehr des Antragstellers ins Elternhaus ist für die Eltern keine Option mehr.
Die Eltern des Antragstellers beantragten im Juni 2022 die Weitergewährung dieser Leistungen (Bl. 1395 f., 1420 eVA). Ab September 2022 wies die Mutter des Antragstellers den Antragsgegner wiederholt darauf hin, dass es in der Wohngruppe zu erheblichen Personalengpässen komme und die Betreuung und Unterstützung der Kinder und Jugendlichen nicht ausreichend gewährleistet sei. Es gebe für mittlerweile zehn Wohngruppenbewohner lediglich zwei Mitarbeiter in der Wohngruppe. Gespräche mit der Einrichtungsleitung seien nicht zielführend verlaufen; laut dieser entspreche die Personalsituation den bewilligten Leistungen. In der Folge haben betroffene Eltern eine Beschwerde beim Regierungspräsidium (RP) T1 als zuständiger Aufsichtsbehörde eingelegt.
Auf Anforderung des Antragsgegners verfasste der Medizinisch-Pädagogische Dienst (MPD) des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) mit Datum vom 06.12.2022 eine Stellungnahme (Bl. 573 ff. eVA). In dieser führte er u.a. aus, dass der Antragsteller außerhalb seiner Wohngruppe oder des Klassenzimmers ein stark eingeschränktes Gefahrenbewusstsein zeige und daher durchgängig einer Begleitung bedürfe. Im pflegerischen Bereich sei er weiterhin auf Hilfe beim An- und Auskleiden sowie bei Toilettengängen und der Versorgung mit Inkontinenzmaterial angewiesen. Der Antragsteller sei stark untergewichtig und bedürfe zur Nahrungsregulation bei der Nahrungsaufnahme einer begleitenden Assistenz. Insgesamt benötigte der Antragsteller umfangreiche, direkte Assistenz.
Am 08.12.2022 verfasste die pädagogische Fachkraft und zugleich Bezugsbetreuer des Antragstellers in der Wohngruppe, Herr K1 (im Folgenden: Bezugsbetreuer), einen Teilhabebericht (Bl. 52 ff. eVA), in dem er u.a. ausführte, dass sich der Antragsteller aus dem Gruppengeschehen in sein Zimmer zurückziehe, weil es in der Gruppe zu viele Personen seien und es zu laut sei. Der Rückzug sei sein Weg, den Erfordernissen einer Gruppengemeinschaft auszuweichen und sich den Krisensituationen nicht stellen zu müssen.
Der Antragsgegner verfasste den Gesamt- und Teilhabeplan vom 14.12.2022 (Bl. 61 ff. eVA), in dem er u.a. festhielt, dass der Antragsteller Schwierigkeiten habe, mit Stress und Lärm umzugehen und auf einen Rückzugsort und eine reizarme Umgebung angewiesen sei. Auch schnelle und viele Bewegungen und Geräusche würden ihn verunsichern. Er benötige Begleitung, um sich nicht selbst zu gefährden und einen angemessenen Umgang mit Lärm zu erlernen. Es falle ihm schwer, sich in einer größeren, lauten Gruppe aufzuhalten. Wenn es ihm zu viel werde, ziehe er sich in sein Zimmer zurück. Der Antragsteller sei nicht in der Lage, sich an Freizeitaktivitäten oder sportlichen Aktivitäten in der Gruppe zu beteiligen. Er ziehe sich von sich aus in sein Zimmer zurück. Er benötige Motivierung und Begleitung, um Freizeitaktivitäten mit anderen ausüben zu können. Der Antragsteller sei in allen Lebensbereichen wesentlich in seiner Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft eingeschränkt, benötige in der Schule und außerhalb der Schule eine engmaschige Betreuung, um gleichberechtigt am Leben in der Gemeinschaft teilhaben zu können. Aus Sicht des Fallmanagements sei die aktuelle Leistung weiterhin geeignet und erforderlich, den Unterstützungsbedarf des Antragstellers zu decken.
Laut „Kompetenzinventar im Prozess der Berufswegeplanung“, verfasst u.a. von dem Klassenlehrer H2 am 13.01.2023 (Bl. 112 ff. eVA), ist der Antragsteller u.a. wegen seiner Geräuschempfindlichkeit auf ein ruhiges Umfeld angewiesen und scheint er Änderungen im Arbeitsablauf massiv störend zu erleben. Er benötige regelmäßige Abläufe, ein gewohntes Setting und ihm vertraute Assistenzkräfte sowie verlässliche, gleichbleibende Strukturen und Erwartungshaltungen. In Hilfesituationen sei er darauf angewiesen, dass sein Umfeld seinen Hilfebedarf erkenne und diesen erfülle.
Der Antragsgegner bewilligte mit Bescheid vom 24.01.2023 (Bl. 606 eVA) die Kosten für den Besuch des Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) der C1 Schulgemeinschaften e.V. als Leistungen zur Teilhabe an Schulbildung über Tag und Nacht für die Zeit ab Schuljahr 2022/2023 zunächst befristet bis Ende des Schuljahres 2023/2024 im gleichen Umfang weiter.
Die Eltern des Antragstellers erhoben gegen den Bescheid mit Schreiben vom 06.02. und 13.02.2023 Widerspruch (Bl. 89, 646 eVA). Zur Begründung führten sie aus, dass sie die Beschulung und Betreuung in der bisherigen Einrichtung nicht mehr wünschten. Die körperliche und psychische Verfassung des Antragstellers habe sich inzwischen verschlechtert, was auf die permanente personelle Unterversorgung und die damit verbundenen Defizite in der Betreuung zurückgeführt werde, so dass sein psychisches und physisches Wohl gefährdet sei und die Internatsunterbringung möglichst bald beendet werden solle. Der Antragsteller solle nun in einer inklusiven Umgebung in einer Wohnung - allein oder mit zwei oder drei anderen Menschen - in M1 in ihrer Nähe leben und dafür Assistenz bekommen. Er benötige eine 24-Stunden-Assistenz durch qualifizierte Fachkräfte. Da sie - die Eltern - die Assistenz nicht (wie früher) im Arbeitgebermodell selbst organisieren wollten und könnten, würden sie einen geeigneten Assistenzdienst beauftragen wollen und zwar die „B2 GmbH“ (Anmerkung: seit einer Umfirmierung „B1 GmbH“, Email vom 13.02.2023, Bl. 86 eVA). Bis alles organisiert sei, solle der Antragsteller in der Einrichtung bleiben, da ihm nicht noch einmal ein Einrichtungswechsel zugemutet werden solle. Die Eltern beantragten ein Persönliches Budgets für Assistenzleistungen für „24-Stunden-Assistenz“ durch qualifizierte Assistenzkräfte nach §§ 76 bis 78 SGB IX in Kombination mit Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII.
Bei einem persönlichen Gespräch am 08.03.2023 u.a. zwischen dem Klassenlehrer, dem Bezugsbetreuer, dem Vater des Antragstellers sowie der Fallmanagerin des Antragsgegners (Bl. 198 f. eVA) waren sich alle Beteiligten einig, dass der Antragsteller eine 1:1-Betreuung benötige, damit er Tätigkeiten beginnen und ausführen könne. Der Bezugsbetreuer gab an, dass das C3-Haus in den letzten beiden Jahren personell massiv unterbesetzt gewesen sei; die Mitarbeiter hätten häufig nur die Grundversorgung „sauber und satt“ ermöglichen können. Im C3-Haus würden derzeit elf Personen wohnen, zeitweise seien für beide Gruppen nur ein bis zwei Mitarbeiter vor Ort gewesen, wodurch nicht mehr Unterstützung möglich gewesen sei. Dem Antragsteller sei es ohne engmaschige Unterstützung oftmals zu viel in der Wohngruppe und er ziehe sich dann in sein Zimmer zurück. Er habe daher zuletzt viel Zeit alleine in seinem Zimmer verbracht. Derzeit habe sich die Personalsituation wieder verbessert und es seien aktuell drei bis vier Personen in der Wohngruppe im Dienst, allerdings auch nur solange kein Mitarbeiter krank oder im Urlaub sei. Die Gruppenleiterin sei eineinhalb Jahre in Elternzeit gewesen und diese Stelle sei nicht besetzt worden. Die Gruppenleiterin kehre aktuell mit 70 % zurück und werde ab Sommer wieder in Vollzeit tätig sein, wodurch sich die Personalsituation wieder verbessere. Ursprünglich hätte der Antragsteller im S1-Haus aufgenommen werden sollen, was dann kurzfristig habe umgeplant werden müssen; möglicherweise sei ein interner Wechsel ins S1-Haus eine Lösung; dort sei die personelle Situation etwas besser. Im S1-Haus werde im Mai 2023 ein Platz frei. In diesem Haus erfolgten aktuell einige Wechsel, sodass die Besetzung aktuell wieder autismusgerechter werde. Der Vater des Antragstellers erklärte, dass sie als Eltern es nicht weiter verantworten könnten, dass der Antragsteller langfristig weiter in der Einrichtung lebe; ihr Anliegen sei es dem Antragsteller Selbständigkeit zu ermöglichen und ihn unter andere Menschen zu bringen. Der Bezugsbetreuer führte zudem aus, dass alternativ eine Einzelvereinbarung für zusätzliches Personal für den Antragsteller in Frage käme, die laut Fallmanagerin des Antragsgegners in der Regel (nur) bei Selbst- oder Fremdaggression in Frage komme.
Am 14.03.2023 fand ein Gespräch zwischen den Eltern des Antragstellers, dem Antragsteller und dem Antragsgegner - der Fallmanagerin der Eingliederungshilfe und der Bedarfsermittlerin der Hilfe zur Pflege (Frau H3) - zur Ermittlung des Persönlichen Budgets betreffend die Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege statt (Bl. 204 ff. eVA). Die Eltern teilten u.a. mit, dass der Antragsteller künftig als Tagesstruktur die K2-Schule in M1 besuchen solle; auch hierfür sei eine Begleitung notwendig. Die B1 GmbH habe aktuell drei Bewerbungen von Menschen, die in Einrichtungen arbeiten würden, wie z.B. Heilerziehungspflegern. Die Bedarfsermittlerin der Hilfe zur Pflege führte aus, dass im Nachtdienst die Inkontinenzvorlagen gewechselt werden müssten, ebenso tagsüber sowie eine Unterstützung beim Duschen/Baden, Anziehen und Toilettentraining notwendig sei.
Der Antragsgegner erstellte danach, wie er in der Folge mehrfach betonte, (lediglich) einen Entwurf eines Gesamt- bzw. Teilhabeplans (Bl. 214 ff. eVA) für ein trägerübergreifendes Persönliches Budget mit persönlichen Assistenzkräften der Pflege und Eingliederungshilfe, wonach ein Bedarf an 66,5 Stunden pro Woche für die qualifizierte Assistenz der Eingliederungshilfe und 96,5 Stunden pro Woche für die Pflegeassistenz bestehe. Eine qualifizierte Assistenzleistung im Rahmen des Persönlichen Budgets könne dabei aus Sicht des Fallmanagements geeignet sein, um den Unterstützungsbedarf des Antragstellers zu decken, sofern eine kontinuierliche Versorgung sichergestellt werden könne. Das Richten der Medikamente im Vier-Augenprinzip sei durch eine Pflegefachkraft oder Heilerziehungspfleger oder die gesetzlichen Betreuer möglich, die tägliche Medikamentenausgabe im Rahmen der Delegation durch Assistenzkräfte oder Pflegehelfer. Festgehalten wurde, dass es der Wunsch der Eltern sei, dass dies durch dasselbe Personal erfolge. Die Fallmanagerin der Eingliederungshilfe und die Bedarfsermittlerin der Hilfe zur Pflege äußerten, sie hielten die Versorgung des Antragstellers in der Einrichtung weiterhin für die am besten geeignete Unterstützung, weshalb sie den Verbleib des Antragstellers in der Einrichtung empfahlen.
In einem Aktenvermerk vom 31.03.2023 (Bl. 244 eVA) zur Gesamtplanfortschreibung hielt die Fallmanagerin fest, dass für den Antragsteller vier bis fünf Assistenzkräfte erforderlich seien. Die Bedarfsermittlerin der Hilfe zur Pflege führte in einer Stellungnahme aus (Bl. 261 eVA), die Umsetzung der pflegerischen Maßnahmen durch kompensatorische Fachkräfte erscheine aktuell hürdenreich, hinsichtlich der Erbringung aber möglich.
Die Eltern des Antragstellers wie auch der Antragsgegner (Abt. Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege) waren (und sind) sich einig, dass der Antragsteller vor allem aufgrund des Autismus und der damit verbundenen Kommunikationsschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten sowohl für die Teilhabeassistenz als auch die Pflegeassistenz auf eine Fachkraft angewiesen ist.
In einer vom Antragsgegner angeforderten Stellungnahme des MPD des KVJS vom 16.06.2023 (Bl. 294 ff. eVA) wurde u.a. ausgeführt, dass der Antragsteller ein Wohnsetting benötige, in dem die im Bogen D (Bl. 313 ff. eVA) ausführlich dargestellten Bedarfe gedeckt werden könnten. Er benötige auch nächtliche Anwesenheit von Fachpersonal, das Setting müsse so gestaltet sein, dass er nicht weglaufen und sich selbst in Gefahr bringen könne. Einzelne Tätigkeiten, wie z. B. in der Haushaltsführung, könnten hierbei durchaus von Assistenz- und Hilfskräften ohne fachspezifische Ausbildung geleistet werden. Der Unterstützungs- und Förderbedarf in den Bereichen Lernen und Wissensanwendung, Allgemeine Aufgaben und Anforderung, Selbstversorgung, Interpersonelle Interaktion und Beziehungen, Bedeutende Lebensbereiche und Freizeitgestaltung bedinge aber die Notwendigkeit geschulter Fachkräfte der Heilpädagogik und Heilerziehungspflege, welche auch über vertiefte Kenntnisse in der Unterstützten Kommunikation, Autismus, dem TEACCH-Ansatz, Deeskalation und Umgang mit Anspannungssituationen verfügen sollten. Die Mitarbeiter müssten Verhalten korrekt beobachten und deuten können und wissen, wie sie bei eventuellen gesundheitlichen Problemen physischer oder psychischer Art reagieren müssen. Die Mutter des Antragstellers wünsche für ihn eine individuelle Betreuung in einer Wohngemeinschaft im Rahmen des Persönlichen Budgets, die von der von ihr gegründeten B1 GmbH geleistet werden solle. Wenn die oben aufgeführten Voraussetzungen gegeben seien und die Bedarfe des Antragstellers in einem Persönlichen Budget gedeckt werden könnten, sei eine solche Wohnform als geeignet anzusehen. Von der B1 GmbH liege keine Leistungsvereinbarung und keine Konzeption vor. Es werde empfohlen, den Antragsteller weiter zu beschulen und ihm nicht mehr allzu viele Schulwechsel zuzumuten, andernfalls könne sich dies nachteilig auf sein psychisches Befinden auswirken. Der Stellungnahme beigefügt waren die BEI-BW Bögen A bis D (Bl. 297 ff. eVA), die der MPD nach einem Gespräch mit den Eltern und dem Antragsteller sowie der Bezugsbetreuer am 27.03.2023 führte. Darin ist festgehalten, dass der Antragsteller keine Freundschaften in der Wohngruppe der Einrichtung habe und sich in sein Zimmer zurückziehe (Bl. 333 eVA); weiter dass der Antragsteller nach Angaben des Bezugsbetreuers in der Gruppe oft „hinten runterfalle“, weil er eher ruhig sei und eigentlich ins S1-Haus hätte wechseln sollen, in dem ebenfalls ruhigere Menschen lebten; dass es aktuell elf Personen bei unveränderter Personaldichte in der Wohngruppe seien und er - der Bezugsbetreuer - der einzige mit einer dreijähriger Heilerziehungspfleger-Ausbildung sei, die anderen Mitarbeiter hätten eine Helferausbildung (Bl. 340 eVA). Dies frustriere ihn - den Bezugsbetreuer -, da er mehr als nur eine „Satt-Sauber-Trocken-Pflege“ haben machen wollen. Im BEI-BW Bogen D (Bl. 315 eVA) ist als Ziel u.a. festgehalten: „Allgemeine Aufgaben und Anforderungen: Der Stresspegel wird reduziert. Häusliches Leben: Es wird eine für ihn passende, ruhigere Wohnform gefunden. Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen: Herr K. kommt gut mit seinen Mitbewohnern klar (den jetzigen und den künftigen).“
Die Mutter des Antragstellers übersandte im Juni 2023 die Konzeption der B1 GmbH (Bl. 408 ff. eVA), eine Kostentabelle bzgl. der Stundensätze der Assistenzkräfte (Bl. 407 eVA) sowie Leistungsbeschreibungen (Bl. 411 f., 414 f. eVA). Aus den Unterlagen ergibt sich, dass die B1 GmbH „nach Bewilligung des Persönlichen Budgets gemeinsam mit den Kund*innen nach passenden Assistenzkräften sucht und diese anstellt (Dienstleistungsmodell) oder die Kund*innen unterstützt, die Assistenzkräfte im Arbeitgebermodell selbst anzustellen“ (Bl. 409 eVA). Im „Arbeitgebermodell übernimmt die B1 GmbH im Auftrag der Kund*innen die Budgetbegleitung. Die B1 GmbH bietet folgende Assistenzleistungen an: 1. Leistungen für Wohnraum (nach § 77 SGB IX), 2. Assistenzleistungen (nach § 78 SGB IX), 3. Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten (nach § 81 SGB IX), 4. Leistungen zur Teilhabe an Bildung (nach § 75 SGB IX), 5. Budgetassistenz/Assistenz zum Persönlichen Budget (nach § 29 Abs. 2, Satz 6 SGB IX) und weitere Assistenzleistungen könnten nach Bedarf dazu kommen (z.B. Arbeitsassistenz nach § 49 Abs. 8 Nr. 3 SGB IX)“ (Bl. 410 eVA). Zu „den Assistenzleistungen nach § 78 SGB IX zählt u.a. die Sicherstellung der Selbstversorgung (Assistenz bei der Sicherstellung und Durchführung der Körperpflege und Hygiene mit dem Ziel, Teilhabe zu ermöglichen z.B. Waschen, Duschen, Baden, einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden, Benutzung der Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bl. 415 eVA), die Bewältigung der Gesundheitssorge im alltagspraktischen Kontext, der Aufbau und die Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen und Vermeidung von Isolation, die Erhaltung und Verbesserung des Gesundheitszustandes“ (Bl. 414 eVA). Für „die Leistungen kommen in der Regel geeignete Fachkräfte zum Einsatz. Diese haben die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten mit einer mindestens dreijährigen Fachausbildung im Bereich Pädagogik, Pflege oder sozialer Arbeit erworben. Fachkräfte sind insbesondere Ergotherapeut*innen, Erzieher*innen, Heilerziehungspfleger*innen, Heilpädagog*innen, Pflegefachkräfte, Sozialarbeiter*innen, Sozialpädagog*innen und Personen mit vergleichbarer Ausbildung“ (Bl. 412, 418 eVA). Bei kompensierender Assistenz könnten auch ungelernte Assistenzkräfte eingesetzt werden.
Die B1 GmbH legte dem Antragsgegner am 06.07.2023 einen Kostenvoranschlag - nebst detaillierter Berechnung (tagsüber Fachkraft, nachts Nichtfachkraft; 141,08 Stunden pro Monat für die Pflegehilfe; 343,88 Stunden pro Monat für Eingliederungshilfe) - in Höhe von 31.467,69 € pro Monat für die begehrten Assistenzleistungen des Antragstellers vor (Bl. 735, 738, 750 eVA). Es wurde darauf hingewiesen, dass ein Kooperationsvertrag mit einem Pflegedienst zum 31.07.2023 ende und kein weiterer mehr bestehe, so dass ab August 2023 keine Pflegesachleistungen mehr abgerechnet werden könnten. Die angebotenen Leistungen seien aber unter Berücksichtigung des Pflegegeldes (monatlich 901,00 €) günstiger als die Kosten eines Pflegedienstes unter Berücksichtigung der Pflegesachleistungen. Die B1 GmbH werde zukünftig die pflegerischen Leistungen in eigener Regie durchführen.
Am 24.08.2023 hat der Antragsteller beim SG Reutlingen (S 5 SO 1660/23 ER) den hier vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt (Bl. 894 eVA), mit dem die Bewilligung des Persönlichen Budgets für Eingliederungs- und Pflegebedarf im Rahmen des Dienstleistungsmodells beantragt worden ist und den das SG an das örtlich zuständige SG Konstanz verwiesen hat (Beschluss vom 04.09.2023). Zur Begründung des Antrags hat der Antragsteller im Wesentlichen vorgetragen, dass in der aktuell besuchten Einrichtung weiterhin nicht ausreichend personelle Kapazitäten zur Verfügung stünden, um seine Sicherheit und adäquate Förderung sicherzustellen. Es stehe zu befürchten, dass der Antragsgegner das Verfahren weiter herauszögere. Ein potenzieller Kooperationspartner für die B1 GmbH zur Erbringung von Pflegesachleistungen sei nicht in Sicht. Außer der B1 GmbH gebe es keinen anderen Leistungsanbieter, der die benötigten Assistenzleistungen im häuslichen Umfeld erbringen könne. Inzwischen sei eine Wohnung in M1, die er alleine bewohnen solle, angemietet worden. Eine fehlende Zielvereinbarung stehe einer Gewährung eines Persönlichen Budget im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht entgegen. Auch dürften im Rahmen eines Persönlichen Budgets die Pflegeleistungen durch einen Dienst erbracht werden, der keinen Vertrag mit dem Kostenträger abgeschlossen habe. Eine künstliche Trennung von Pflege- und Assistenzleistungen und die getrennten Anstellungsverhältnisse der Assistenzkräfte für die Eingliederungshilfe (B1 GmbH) und der Pflegekräfte (Antragsteller) würden außerdem eine vernünftige Dienstplanung unmöglich machen. Die Regelung des § 64b SGB XII finde keine Anwendung. Der Anspruch auf Persönliches Budget aus § 63 Abs. 3 SGB XII folge auf der Rechtsfolgenseite anderen Grundsätzen als eine Leistung, die alleine im Rahmen der Hilfe zur Pflege gewährt werde.
Die Eltern des Antragstellers haben zum 15.09.2023 eine Wohnung für den Antragsteller in M1 angemietet (Wohnfläche 63,3 m², Kaltmiete 680 €) und mitgeteilt, dass sie für den Antragsteller keine passenden Mitbewohner gefunden hätten, weshalb auch keine größere Wohnung gesucht worden sei (Bl. 761, 874 eVA).
Mit Bescheid vom 21.09.2023 (Bl. 768 eVA) hat der Antragsgegner den Antrag vom 06.02.2023 auf Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für Assistenzleistungen im eigenen Wohnraum als Persönliches Budget (als Leistung zur Sozialen Teilhabe) abgelehnt. Zur Begründung hat er u.a. angegeben, dass Kosten für eine Pflegekraft nur dann übernommen werden könnten, wenn diese bei einem zugelassenen Pflegedienst nach § 72 SGB XI beschäftigt sei oder wenn mit dem Sozialhilfeträger eine schriftliche Vereinbarung nach § 75 ff SGB XII bestehe. Dies sei bei der B1 GmbH nicht der Fall. Da keine weiteren Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII im Rahmen des Persönlichen Budgets berücksichtigt werden könnten und die Hilfe zur Pflege ein integraler Bestandteil der für den Antragsteller erforderlichen Leistungen sei, sei der Bedarf im eigenen Wohnraum mit der vom Antragsteller angestrebten Versorgung nicht ausreichend gedeckt.
Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 16.10.2023 Widerspruch erhoben (Bl. 1038, 1096 eVA). Über den Widerspruch hat der Antragsgegner bislang nicht entschieden.
Bei einem Telefonat zwischen dem Antragsgegner und dem Einrichtungsleiter, Herrn K3, am 27.09.2023 (Aktenvermerk Bl. 469 eVA) hat letzterer laut Aktenvermerk mitgeteilt, dass aktuell alle Stellen besetzt seien und nie jemand alleine im Dienst sei. Der Antragsgegner hat die Sorge angesprochen, dass das physische und/oder psychische Wohlergehen des Antragstellers in Gefahr sein könnte, woraufhin der Einrichtungsleiter von einem jungen Mann erzählt habe, der vor allem zu sexualisierten Handlungen neige. Dieser junge Mann müsse ständig neben einem Mitarbeiter sein. Dies sei eine klare Vorgabe an die Mitarbeiter. In diesem Zusammenhang habe der Einrichtungsleiter von der weiteren Klientel der Wohngruppe mit entsprechenden herausfordernden Verhaltensweisen erzählt. Es sei immer etwas los auf der Wohngruppe und es passiere auch viel Unvorhergesehenes (z.B. Teller werfen beim Abendessen). Daher sei eine 100%ige Bewachung des jungen Mannes nicht immer möglich. Der Antragsteller zähle auf der Wohngruppe zu den ruhigeren Bewohnern.
Am 10.10.2023 hat die R1 vom RP T1 auf Anfrage des Antragsgegners zurückgemeldet (Bl. 488 eVA), dass man bzgl. der Vorwürfe gegen die Einrichtung noch in Prüfung sei. Es sei eine Stellungnahme der Leitung und Dienstpläne angefordert worden, die bereits eingegangen seien. Es sei klar dargestellt worden, dass es Personalengpässe gegeben habe, dass diese jedoch behoben seien. Auch ein Organigramm sei offengelegt worden. Darin sei klar ersichtlich, dass die Anzahl an Fachkräften in Ordnung sei. Eine Rückfrage zu den Stellenprozenten der Fachkräfte sei noch offen. Auch ein Schutzkonzept sei vorhanden, werde jedoch allgemein betrachtet, als nicht ausreichend erachtet. Das RP stehe im Austausch mit dem KVJS (Frau K4), um dieses bei Bedarf anzupassen.
Das SG hat den Eilantrag nach Durchführung eines Erörterungstermins (vgl. Protokoll vom 11.10.2023, Bl. 64 ff. SG-Akte) mit Beschluss vom 08.11.2023 mangels Anordnungsanspruch abgelehnt und den Anspruch aus denselben Gründen wie der Antragsgegner im Bescheid vom 21.09.2023 für nicht gegeben angesehen.
Mit Schreiben vom 13.11.2023 hat sich die Mutter des Antragstellers an den Antragsgegner gewandt und mitgeteilt, dass es nahezu unmöglich sei, einen Pflegedienst zu finden, der bei dem Antragsteller die Nachtbereitschaft sowie über den Tag verteilt die pflegerischen Leistungen erbringe und gleichzeitig auch noch im Umgang mit autistischen Menschen geschult sei. Aus diesem Grund seien sie - die Eltern - bereit, die pflegerischen Leistungen zumindest vorübergehend im Arbeitgebermodell zu organisieren, bis sich eine andere Lösung finde. Die B1 GmbH sei aktuell dabei, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um einen Versorgungsvertrag mit den Krankenkassen abzuschließen. Dem Schreiben fügte die Mutter des Antragstellers eine Kostenaufstellung bei, wonach sie für das Persönliche Budget in Kombination aus Dienstleistungsmodell für die Teilhabe-/Assistenzleistungen und Arbeitgebermodell für die Pflegeleistungen monatlich 29.927,71 € errechnete. Hierbei legte sie den Eingliederungsbedarf mit 364,69 Stunden pro Monat und den Pflegebedarf mit 348,71 (106,04 + 242,67) Stunden pro Monat zu Grunde.
Am 21.11.2023 hat sich der Antragsteller einen Mittelfußknochen gebrochen. Der Einrichtungsleiter hat auf Anfrage des Antragsgegners laut Aktenvermerk mitgeteilt (Bl. 549, 551 eVA), dass der Antragsteller zur Schule gelaufen sei, sich plötzlich auf den Boden gelegt habe und nicht mehr habe aufstehen wollen. Daraufhin habe man das Röntgen veranlasst, bei dem sich der Bruch gezeigt habe. Der Antragsteller habe schon einmal solch einen Bruch gehabt, wann wisse er nicht mehr. Der Antragsteller laufe vermehrt auf seinen Zehen.
Mit der am 08.12.2023 erhobenen Beschwerde verfolgen die Eltern des Antragstellers das Begehren auf (vorläufige) Gewährung eines Persönlichen Budgets weiter, nun auch hilfsweise in Form einer Kombination aus Dienstleistungsmodell und Arbeitgebermodell. Sie tragen unter anderem vor, dass der Antragsteller am 20.11.2023 in der Einrichtung einen Unfall erlitten habe, bei dem er sich den Mittelfuß gebrochen habe und er besonders gefährdet sei.
Sie haben eine Stellungnahme des Bezugsbetreuers (Bl. 46 Senats-Akte) vorgelegt, wonach der Antragsteller durch die momentan vorliegende Faktur des rechten 5. Mittelfußknochens besonders gefährdet sei, da er immer wieder versuche aufzustehen und selbstständig zu laufen, was teilweise funktioniere und auch in Ordnung sei, aber ohne Handlauf und/oder Stütze durch den Mitarbeiter nicht funktioniere. Er sei durch dieses Verhalten akut sturzgefährdet. Zudem sei der Antragsteller akut auf einen Rollstuhl angewiesen, könne diesen aber ohne Hilfestellung nicht nutzen. Der Antragsteller wohne zusammen mit Bewohnern, welche fremdaggressiv und übergriffig seien. Aktuell sei es dem Antragsteller nicht möglich, sich aus einem Gefahrenbereich selbstständig heraus zu begeben. Hierdurch sei seine Gesundheit massiv gefährdet, und ein Heilungsprozess könne sich fortwährend schwierig gestalten. Jegliche Belastung in nicht vorgesehener Weise führe zu einer Refraktur und verzögere den Heilungsprozess. Aufgrund der Personalsituation sei es nicht möglich, den Antragsteller in einem angemessenen sicheren Rahmen zu begleiten. Der Antragsteller sei in den nächsten Wochen auf eine engmaschige sichere Begleitung angewiesen, welche das P1-haus nicht durchgehend gewährleisten könne. Der Antragsteller müsse von zwei Mitarbeitern in den Pflegesituationen begleitet werden. In den Diensten, in denen nur zwei Mitarbeiter seien, könne die Pflege nicht ordnungsgemäß erfolgen, da die anderen Bewohner dann ohne Aufsicht seien. Dem Antragsteller sei es nicht zumutbar, dass er auf die Pflege warten müsse bis nach 21 Uhr, bis die anderen Bewohner zu Bett gegangen seien. Sollte die Möglichkeit bestehen, dass der Antragsteller in den nächsten Wochen zuhause betreut werden könne, würde er - der Bezugsbetreuer - dies sehr begrüßen.
Die Eltern des Antragstellers tragen vor, dass der Antragsteller aufgrund dieser Bitte von seiner Mutter vom 24.11.2023 bis 04.12.2023 zu Hause versorgt worden sei. Obwohl Autismus diagnostiziert sei, sei der Antragsteller durch tätliche Angriffe der Mitbewohner immer wieder übermäßig fordernden Situationen ausgesetzt, die dazu führten, dass er sich bereits vor den Unfall in sein Zimmer zurückgezogen habe und sich dort überwiegend aufgehalten habe. Hinzukomme, dass er dauerhaft gezwungen werde, sich mit neun eher expressiven weiteren Mitbewohnern auseinandersetzen zu müssen. In der Vergangenheit sei deshalb auch schon eine Verlegung in ein anderes Haus erwogen worden, was aber auf Grund von mangelnden Kapazitäten gescheitert sei. Bislang habe er keinen Pflegedienst zur Verfügung und auch noch keine nicht zugelassenen Pflegkräfte. Die Mutter des Antragstellers bemühe sich darum entsprechend geeignete Personen zu finden, sei aber auf Grund der Kürze der Zeit, seitdem der Entschluss feststehe, notfalls auch auf das Arbeitgebermodell zurückzugreifen, noch nicht fündig geworden. Dies gestalte sich auch ohne gesicherte Gegenfinanzierung schwierig. Hinsichtlich des Hauptantrages stelle sich die Versorgung im Übrigen anders da. Dort sei eine sofortige umfassende Versorgung durch Personal des B1 möglich.
Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beantragt (Bl. 1 ff., 91. Senats-Akte),
den Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Konstanz vom 8. November 2023 zu verpflichten, ein Persönliches Budget als Dienstleistungsmodell durchgeführt durch die Firma B1 GmbH im Umfang von 31.467,69 € pro Monat „im Ermessen des Gerichts gestellt Dauer“ höchstens bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung zu gewähren,
hilfsweise den Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Konstanz vom 8. November 2023 zu verpflichten, ein Persönliches Budget als Kombinationsmodell aus Dienstleistungsmodell für die Assistenzleistungen und als Arbeitgebermodell für die Pflegeleistungen im Umfang von 29.927,71 € (bis 31.12.2023) bzw. 30.120,18 € (ab 01.01.2024) pro Monat „im Ermessen des Gerichts gestellt Dauer“ höchstens bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er beruft auf sich auf die Gründe des Beschlusses vom 08.11.2023 und trägt ergänzend vor, dass er sowohl mit der Einrichtungsleitung als auch mit dem RP als Aufsichtsbehörde Kontakt gehabt habe und von beiden Seiten bestätigt worden sei, dass der Antragsteller in der Einrichtung gut versorgt sei. Auf Nachfrage habe der Einrichtungsleiter am 03.01.2024 telefonisch mitgeteilt, dass der Antragsteller nach seinem Kenntnisstand zwischenzeitlich eine Schiene trage und den Fuß auch wieder belasten könne. Während seiner verletzungsbedingten außergewöhnlichen Betreuungsphase - so der Antragsgegner - sei dem Antragsteller eine Kurzzeitpflege angeboten worden, was von der Mutter kategorisch abgelehnt worden sei. Der Einrichtungsleiter habe weiter mitgeteilt, dass in der Wohngruppe alle Stellen besetzt seien, aktuell sogar eine halbe Stelle mehr; dass ein schwieriger Jugendlicher vor einigen Wochen aus der Wohngruppe herausgenommen worden sei; dass der Antragsteller in der Einrichtung aktuell gut versorgt sei und dass in der Wohngruppe eine Förderung im Alltag stattfinde. Nach Aktenlage - so der Antragsgegner - sei die Verlegung in ein anderes Haus auch nicht an der Kapazität, sondern an der Mitwirkung und dem Willen des Antragstellers bzw. seiner Eltern gescheitert. Ein freier Wohnplatz in der Wohngruppe im S1-haus sei von den Eltern des Antragstellers abgelehnt worden. Dieser Platz sei zum Mai 2023 frei gewesen. Im S1-haus sei kurzfristig eine Betreuung mit einer höheren Personalausstattung möglich gewesen. Der Antragsgegner hat außerdem darauf hingewiesen, dass er bereit sei bei notwendigen Sonderbedarfen mit dem SBBZ C1 Sondervereinbarungen zu treffen, wenn eine zusätzliche Betreuung des Antragstellers notwendig sei. Der Einrichtungsleiter habe jedoch ebenfalls am 03.01.2024 mitgeteilt, dass beim Antragsteller keine Einzelvereinbarung benötigt werde. Es sei darauf hingewiesen worden, dass auch andere Rehabilitationsträger Sondervereinbarungen abschließen könnten, wenn in der Wohngemeinschaft Personen untergebracht seien, für die der übliche Betreuungsschlüssel nicht ausreiche. Darüber hinaus sei es für den Antragsteller und das Erreichen seiner Teilhabeziele besser, in der bisherigen besonderen Wohnform zu verbleiben oder in einer besonderen Wohnform in der Nähe seiner Eltern zu wohnen. Entsprechende Angebote in der Nähe der Eltern seien gemacht worden, aber vom Antragsteller abgelehnt worden. Die Teilhabeziele könnten in einer besonderen Wohnform besser erreicht werden, weshalb das beantragte Persönliche Budget hinsichtlich seiner Kosten die verhältnismäßigen Kosten einer zumutbaren Leistung bei weitem übersteige, daher unverhältnismäßig sei und somit nicht vom Wunsch- und Wahlrecht umfasst sei. Derzeit würden für die Betreuung des Antragstellers Kosten in Höhe von ca. 6.400 € anfallen. Die Fachkräfte des Antragsgegners sähen nach wie vor in der Betreuung in der Besonderen Wohnform die geeignetere Hilfe für den Antragsteller. Für das beantragte persönliche Budget habe zudem bisher auch keine Zielvereinbarung abgeschlossen werden können, die den eingliederungshilferechtlichen und pflegerischen Bedarf des Antragstellers und die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Antragsgegners in Einklang hätten bringen können.
II.
Die am 08.12.2023 beim Landesozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingegangene Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 08.11.2023, dem Antragstellervertreter zugestellt am 09.11.2023, ist gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und nach § 173 SGG insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Ein Anordnungsgrund ist dann gegeben, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies ist der Fall, wenn es dem Antragssteller nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Auflage 2023, § 86b Rn. 28). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage aufgrund einer summarischen Prüfung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 02.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237, 242). Allerdings sind die an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 14.03.2019 - 1 BvR 169/19 - juris Rn. 15; LSG Baden-Württemberg vom 13.10.2005 - L 7 SO 3804/05 ER- B - und vom 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - <beide juris> jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Weiter ist zu beachten, dass durch die einstweilige Anordnung die endgültige Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden darf (vgl. Keller a.a.O., § 86 b, Rn. 31). Eine Vorwegnahme der Hauptsache liegt vor, wenn die Maßnahme nachträglich nicht mehr für die Vergangenheit korrigierbar ist (vgl. Keller, a.a.O., m.w.N.).
Das SG hat den Antrag des Antragstellers im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Der Senat kann hierbei offen lassen, ob ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht worden ist. Angesichts der Komplexität des Sachverhalts und der Rechtslage sowie dem Umstand, dass nach Auffassung des Senats nicht alle Tatbestandsvoraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch auf ein Persönliches Budget für Assistenten im Bereich der Teilhabe und Pflege geklärt sind, dürfte dies nach dem aktuellen Stand nicht der Fall sein.
Der Antragsteller gehört zwar - dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - zum anspruchsberechtigen Personenkreis für Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX und der Hilfe zu Pflege nach SGB XII. Indes ist trotz der von der Mutter des Antragstellers vorgelegten Unterlagen bezgl. der Konzeption und Leistungsbeschreibung der B1 GmbH bislang unklar, wie genau und durch welche Personen genau die Assistenz sowohl im Teilhabebereich als auch im Pflegebereich erfolgen soll. Die Mutter des Antragstellers hat zwar in ihrer Funktion als Geschäftsführerin der B1 GmbH mehrfach vorgetragen, sie könne kurzfristig entsprechende Assistenzfachkräfte organisieren. Dies erscheint jedoch angesichts des allseits vorherrschenden Fachkräftemangels nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, dies umso mehr, als sie selbst vier bis fünf Fachkräfte für notwendig erachtet und sie selbst angegeben hat, dass sie als Eltern anfangs selbst noch Assistenzzeiten übernehmen müssten (Email vom 22.11.2023, Bl. 855 eVA). Zudem scheint und auch nach dem bisherigen Ermittlungsstand ein konstant gleichbleibendes Assistenzteam erforderlich. Hierzu bedarf es näherer Ermittlungen.
Darüber hinaus dürfte angesichts des Umstandes, dass der Antragsteller nicht - wie ursprünglich angedacht - mit mehreren Mitbewohnern die Wohnung bewohnen wird, sondern nun allein (mit der Assistenzkraft) bewohnen soll, nach Ansicht des Senats auch eine erneute Stellungnahme des MPD des KVJS notwendig sein zu der Frage, ob er auch in diesem Fall - bei Verfügbarkeit entsprechender und ausreichender Fachkräfte - die Ansicht vertritt, dass der Eingliederungs- und Pflegebedarf des Antragstellers auf diese Art und Weise gedeckt werden kann; dies insbesondere auch mit Blick auf die Frage einer sozialen Isolation des Antragstellers und die evtl. Notwendigkeit des Zusammenlebens mit Gleichaltrigen erforderlich sein könnte. Dabei wäre auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller ausweislich der Berichte und Stellungnahmen vor allem des Bezugsbetreuers, aber auch des Klassenlehrers sehr lärmempfindlich ist und sich aktuell aus Lärmsituationen mit anderen Mitbewohnern und Mitschülern zurückzieht. In seiner Stellungnahme vom 16.06.2023 ging der MPD bislang (lediglich) vom Wohnen in einer Wohngemeinschaft aus. Soweit der Antragsgegner in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, dass auch aus seiner Sicht bzw. der Sicht seiner Fachkräfte ein Auszug in eine von ihm allein zu bewohnende Wohnung grundsätzlich möglich erscheine, dies aber nicht die Optimallösung für den Antragsteller sei, weist der Senat darauf hin, dass eine „Optimallösung“ für die Deckung seiner Bedarfe nicht erforderlich ist. Vielmehr muss die von den Eltern des Antragstellers gewünschte Wohnform (gemeinsam mit der Assistenzkraft und einer Tagesstruktur) geeignet (und zugleich erforderlich) sein (vgl. § 90 Abs. 1 und 5 SGB IX), die Bedarfe des Antragstellers im Teilhabe- und Pflegebereich zu decken. Allein die Geeignetheit der Bedarfsdeckung und die Erreichbarkeit der Teilhabeziele nach Maßgabe des Gesamtplans durch die gewünschte Wohnform sind maßgeblich. Auf welcher Tatsachengrundlage der Antragsgegner bzw. dessen Fallmanagerin - wie mit Schriftsatz vom 19.12.2023 vorgetragen (Bl. 36 Senats-Akte) - davon ausgeht, dass die Assistenz in einer vom Antragsteller allein bewohnten Wohnung als „Hürde für“ den Antragsteller „wahrgenommen“ wird, hat der Antragsgegner nicht vorgetragen und erschließt sich dem Senat derzeit nicht.
Soweit der Antragsgegner den geltend gemachten Anspruch damit begründet, dass Kosten für Pflegekräfte (auch) im Rahmen des Persönlichen Budgets nur übernommen werden könnten, wenn diese bei einem zugelassenen Pflegedienst nach § 72 SGB XI beschäftigt seien, weist der Senat darauf hin, dass der MPD des KVJS in seiner Stellungnahme vom 16.06.2023 ausgeführt hat, dass Fachkräfte der Heilpädagogik und Heilerziehungspflege für eine Assistenz des Antragstellers geeignet und notwendig seien. Auf das Erfordernis von Pflegekräften, wie sie bei einem zugelassenen Pflegedienst tätig sind, hat der MPD gerade nicht abgestellt, auch nicht in Bezug auf den bestehenden Pflegebedarf. Auch im Entwurf des Gesamtplans, in dem u.a. der Stundenumfang der Assistenz im Teilhabe- und Pflegebereich festgehalten wurde, ist notiert, dass neben der Grundversorgung (Duschen/Baden, Anziehtraining, Toilettentraining, Inkontinenzvorlagenwechsel) auch das Richten/Ausgeben der Medikamente durch Heilerziehungspfleger oder Assistenzkräfte erfolgen könne (Bl. 233 eVA). Selbst die Bedarfsermittlerin der Hilfe zur Pflege führte in ihrer Stellungnahme aus, dass die Umsetzung pflegerischer Maßnahmen durch kompensatorische Fachkräfte, „wenn auch hürdenreich, so doch möglich“ erscheine (Bl. 261 eVA). Vor diesem Hintergrund erschließt sich dem Senat zumindest derzeit nicht, warum und auf welcher Tatsachengrundlage (reine) Pflegekräfte bzw. lediglich bei einem Pflegedienst angestellte Pflegekräfte zur Deckung des Pflegebedarfs des Antragsstellers erforderlich sein sollen. Auch dies wäre im Weiteren zu ermitteln.
Ungeachtet dessen haben die Eltern des Antragstellers für diesen Mitte November 2023 mitgeteilt und auch im Beschwerdeverfahren geltend gemacht, dass er - zumindest übergangsweise - Leistungen der Hilfe zur Pflege im Arbeitgebermodell in Anspruch nehmen möchte. Der Antragsgegner hat sich hierzu erstmals mit Schriftsatz vom 05.01.2024 in der Sache geäußert und ausgeführt, dass Hilfe zur Pflege im Rahmen des Arbeitgebermodells grundsätzlich bewilligt werden könne. Er hat eine Kostenkalkulation aufgestellt (Bl. 87 Senats-Akte), die sowohl hinsichtlich des Stundenlohnes als auch hinsichtlich des angenommenen Pflegebedarfs (Antragsgegner: „durchschnittlich 114,92 € Stunden“, Nachtbereitschaft sei nach Aktenlage keine Leistung der Hilfe zur Pflege) von der Kostenkalkulation der Mutter des Antragstellers im Schreiben vom 08.01.2024 (Bl. 93 Senats-Akte: Pflegebedarf 348,71 Stunden) abweicht. In beiden Fällen weicht der Umfang des Pflegebedarfs von jenem ab, wie er im Entwurf des Gesamtplans festgehalten wurde (96,5 Stunden pro Woche x 4 Wochen = 386 Stunden pro Monat). Da somit auch keine Einigkeit über den Umfang des Pflegebedarfs zu bestehen scheint, müsste auch dieser zunächst ermittelt werden.
Soweit der Antragsgegner zuletzt mit Schriftsatz vom 05.01.2024 ebenfalls vorgetragen hat, dass kein materiell-rechtlicher Anspruch auf das beantragte Persönliche Budget bestehe (auch nicht in Form einer Kombination aus Dienstleistungsmodell [Eingliederungshilfe Assistenzkräfte B1 GmbH] und Arbeitgebermodel [Hilfe zur Pflege über vom Antragsteller selbst zu beschäftigende Pflegekräfte]) und dies mit einem Verweis auf § 104 SGB IX begründet, folgt dem der Senat insoweit aktuell nicht. Nur am Rande merkt der Senat an, dass der Antragsgegner im Vorfeld des Ablehnungsbescheides vom 21.09.2023 bereits auf das Arbeitgebermodell im Zusammenhang mit der Hilfe zur Pflege verwiesen hat und selbst nach der ersten Kostenkalkulation der Mutter Ende September 2023 zu diesem Modell (Bl. 789, 798 eVA) bis zum 05.01.2024 keine Ausführungen dazu gemacht hat, dass das Persönliche Budget in der Kombination der Modelle unangemessen sei.
Gem. § 104 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, zu entsprechen, soweit sie angemessen sind. Gem. § 104 Abs. 2 Satz 2 SGB IX gelten die Wünsche der Leistungsberechtigten nicht als angemessen, 1. wenn und soweit die Höhe der Kosten der gewünschten Leistung die Höhe der Kosten für eine vergleichbare Leistung von Leistungserbringern, mit denen eine Vereinbarung nach Kapitel 8 besteht, unverhältnismäßig übersteigt und 2. wenn der Bedarf nach der Besonderheit des Einzelfalles durch die vergleichbare Leistung gedeckt werden kann. Gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 SGB IX ist bei der Entscheidung nach Absatz 2 zunächst die Zumutbarkeit einer von den Wünschen des Leistungsberechtigten abweichenden Leistung zu prüfen. Gem. § 104 Abs. 3 Satz 2 SGB IX sind dabei die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände einschließlich der gewünschten Wohnform angemessen zu berücksichtigen. Kommt danach ein Wohnen außerhalb von besonderen Wohnformen in Betracht, ist dieser Wohnform der Vorzug zu geben, wenn dies von der leistungsberechtigten Person gewünscht wird (§ 104 Abs. 3 S. 3 SGB IX).
Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung zu § 104 SGB IX (BT-Drs. 18/10523 S. 62) Folgendes ausgeführt: „Die Änderung in Absatz 3 Satz 2 misst der gewünschten Wohnform im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung eine besondere Bedeutung zu. Zudem wird zum Ausdruck gebracht, dass die individuelle Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung nachdrücklich und eigens gewürdigt werden soll. Der neue Satz 3 misst dem Wohnen außerhalb von besonderen Wohnformen, in denen ausschließlich Menschen
mit Behinderungen betreut werden, eine besondere Bedeutung zu. Im Lichte der UN-Behindertenrechtskonvention sollen inklusive Angebote geschaffen werden, in denen Menschen mit Behinderungen ein möglichst selbstbestimmtes Wohnen in der eigenen Wohnung und inklusiv ausgerichteten Wohnangeboten für Menschen mit und ohne Behinderungen im Quartier führen können. Daher ist dem Wohnen außerhalb einer besonderen Wohnform der Vorzug zu geben, wenn im Rahmen der Angemessenheits- und Zumutbarkeitsprüfung das Wohnen in und außerhalb von besonderen Wohnformen gleich bewertet wird und der Leistungsberechtigte dies wünscht.“
Das vom Antragsgegner angeführte Argument, die Betreuung in einer besonderen Wohnform halte er für den Antragsteller nach wie vor als „geeignetere Hilfe“ bzw. bessere Hilfe (im Vergleich zum Wohnen außerhalb einer besonderen Wohnform) und die Teilhabeziele des Antragstellers könnten in einer besonderen Wohnform besser erreicht werden, ist vor dem Hintergrund (zumindest derzeit) nicht tragfähig, dass es eine Stellungnahme des MPD des KVJS zum Alleinwohnen des Antragstellers in einer Wohnung (mit Assistenzkraft), insbesondere auch in Bezug auf die Frage, ob er das Wohnen des Antragstellers in und außerhalb einer besonderen Wohnform mit Blick auf die Bedarfsdeckung gleich bewertet, bislang nicht gibt. Für den Senat ist derzeit nicht nachvollziehbar, auf welcher Tatsachengrundlage der Antragsgegner davon ausgeht, dass für den Antragsteller unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die besondere Wohnform die „bessere“ Hilfe im Vergleich zum Wohnen außerhalb einer besonderen Wohnform sei und warum diese für den Antragsteller nicht gleichwertig sei. Auch dies wäre zu ermitteln.
Überdies weist der Senat darauf hin, dass dem Gesetzgeber die mit der Stärkung des Wunsch- und Wahlrechts hinsichtlich der mit dem Wohnen im Zusammenhang stehenden Assistenzleistungen verbundenen nicht unerheblich höheren Kosten durchaus bewusst waren (BT-Drs. 18/10523 S. 62: „Durch die Stärkung des Wunsch- und Wahlrechts hinsichtlich der mit dem Wohnen im Zusammenhang stehenden Assistenzleistungen ergeben sich Mehrkosten für die Träger der Eingliederungshilfe im Umfang von rund 3,6 Mio. Euro jährlich.“). Überdies dürfte es sich bei einem Vergleich der Kosten für eine besondere Wohnform mit den Kosten außerhalb einer besonderen Wohnform nicht um eine „vergleichbare Leistung“ im Sinne des § 104 Abs. 2 Satz 2 SGB IX handeln. Vielmehr dürfte sich der Kostenvergleich nach vorläufiger Einschätzung des Senats, soweit das Wohnen in einer besonderen Wohnform für den Antragsteller gleichwertig zum Wohnen außerhalb einer besonderen Wohnform ist (dazu zuvor), dann nur darauf beziehen, welche Kosten für die Gewährung eines Persönlichen Budgets anfielen (bei der sich der Antragsteller oder ggf. der beauftragte Dienstleister selbst um die ambulante Teilhabe- und Pflegebedarfsdeckung kümmern) und welche Kosten anfielen bei einer Deckung des Teilhabe- und Pflegebedarfs durch die Inanspruchnahme von Sachleistungen (u.a. Pflegedienst).
Der Senat sieht von diesen weiteren Ermittlungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes u.a. deshalb ab, weil der Antrag bereits daran scheitert, das kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden ist. Einstweiliger Rechtsschutz ist nämlich nur zu gewähren, wenn dem Antragsteller ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist; dabei sind die Interessen des Antragstellers sowie die öffentlichen und ggf. solche beteiligter Dritter zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Anordnungsgrundes muss der Antragsteller darlegen, welche Nachteile zu erwarten sind, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen wird. Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist nämlich gerade, nur eine vorläufige Regelung zu treffen und nicht den Rechtstreit (auch) in der Hauptsache (dauerhaft) zu lösen.
Es ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass der Antragsteller in der derzeit von ihm bewohnten Einrichtung hinsichtlich seines Eingliederungs-/Teilhabebedarfs - aufgrund von Personalmangels der Einrichtung - unterversorgt ist. Zumindest gibt es hierfür nicht hinreichend objektive Anhaltspunkte, die eine einstweilige Regelung rechtfertigen würden. Der Senat hat insoweit durchaus die Erklärungen des Bezugsbetreuers und auch der Eltern des Antragstellers zur Personalsituation zur Kenntnis genommen. Sie stehen indes in Widerspruch zu den Angaben des Einrichtungsleiters. Darüberhinaus wäre, zumindest den Unterlagen nach, ab Mai 2023 ein Platz im S1-haus frei gewesen, in dem es zumindest nach Angaben des Bezugsbetreuers eine bessere Personalausstattung und ruhigere Mitbewohner gebe/gegeben habe.
Soweit der Antragsgegner im Übrigen wiederholt auf die Möglichkeit des Abschlusses einer Einzelvereinbarung für eine 1:1-Assistenz des Antragsstellers im vollstationären Setting (der aktuell bewohnten Einrichtung) hingewiesen hat (vgl. Schriftsatz vom 19.12.2023, Bl. 31 Senats-Akte und vom 05.01.2024, Bl. 86 Senats-Akte), scheint diese von Seiten des Antragsgegners jedenfalls schon deshalb nicht in Betracht zu kommen, weil der Einrichtungsleiter von einer ausreichenden Personalsituation ausgeht (vgl. eigene Ausführungen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 03.01.2024). Letztlich wird im Hauptsacheverfahren, soweit es hierauf für dieses ankommen sollte, eine Stellungnahme des RP T1 als Aufsichtsbehörde zur personellen Versorgung der Internatsbewohner einzuholen sein.
Auch der Umstand, dass sich der Antragsteller Ende November 2023 den Mittelfußknochen gebrochen hat, lässt eine besondere Eilbedürftigkeit für eine Entscheidung über das hier begehrte Persönliche Budget für 24-Stunden-Assistenz nicht erkennen. Denn zum einen ist nicht erkennbar, dass die Knochenfraktur mit einer unzureichenden Betreuung des Antragstellers zusammenhängt. Wie der Auskunft des Einrichtungsleiters vom November 2023 zu entnehmen, sei die Verletzung auf dem Weg von der Wohngruppe zur Schule passiert. Diesen Weg hat der Antragsteller - wie der eVA zu entnehmen - an diesem Tag wie auch allen Tagen zuvor stets allein zurückgelegt. Dies war für ihn nach den Berichten des Klassenlehrers und des Bezugsbetreuers in der Wohngruppe auch bedarfsgerecht. Soweit der Bezugsbetreuer der Mutter des Antragstellers per Sprachnachricht am 20.11.2023 mitgeteilt hat (Vortrag, Bl. 76 Senats-Akte, Schriftsatz vom 27.12.2023), dass der Unfall in der Nacht zum 20.11.2023 (also vom 19. auf den 20.11.) passiert sei, steht diese Auskunft zumindest im Widerspruch zu jener des Einrichtungsleiters. Darüber hinaus wollte der Antragsgegner für die durch die Fraktur bedingte gesundheitliche und pflegerische Akutsituation/Notsituation (so hat sie auch der Bezugsbetreuer in seiner Stellungnahme vom November 2023 formuliert) eine Kurzzeitpflege anbieten, was die Mutter des Antragstellers indes ablehnte (Bl. 547 eVA). Überdies scheint der Antragsteller, zumindest nach Angaben des Einrichtungsleiters aufgrund einer Schienenversorgung den Fuß wieder belasten zu können.
Sowohl vor dem Hintergrund des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache als auch, dass im vorliegenden Fall der einstweiligen Regelung des begehrten Persönlichen Budgets für die begehrten Leistungen der nicht unerhebliche begehrte Monatsbetrag bzw. das bis zur Entscheidung in der Hauptsache in Summe anfallende Persönliche Budget im Falle des Unterliegens in der Hauptsache von den Eltern des Antragstellers wohl kaum zurückgezahlt werden könnte wie auch angesichts der Tatsache, dass der Antragsteller mangels freier Plätze in Einrichtungen im Falle des Nichtgelingens der von den Eltern anvisierten Wohnform Assistenz nicht ohne Weiteres (erneut) in eine Einrichtung zurück kehren könnte, ist vorliegend keine einstweilige Regelung zu treffen.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).